Pythagoreer

Pythagoreer
Py|tha|go|re|er, der; -s, - (Philos.):
Anhänger der Lehre des altgriechischen Philosophen Pythagoras (6./5. Jh. v. Chr.).

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Pythagoreer,
 
die Anhänger der Philosophie des Pythagoras von Samos; im engeren Sinn Mitglieder der von diesem gegründeten religiös-politischen Gemeinschaft in Kroton, der bald weitere Gemeinschaften in Unteritalien (z. B. in Metapont, Tarent, Lokroi) folgten. Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. wurden die der Aristokratie nahe stehenden Pythagoreer, Ende des 5. Jahrhunderts nunmehr die Pythagoreer, die gegen die Tyrannis (Dionysos I.) für eine gemäßigte Demokratie Partei ergriffen, aus Unteritalien mit Ausnahme von Tarent vertrieben. Bald nach 350 v. Chr. gab es in Unteritalien keinen Bund der Pythagoreer mehr. Eine Wiederbelebung des Pythagoreismus erstrebten seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. die Neupythagoreer. - Die bedeutendsten Pythagoreer sind: Philolaos, Aristoxenos und Archytas von Tarent, Eurytos, Hippodamos von Milet, Hippasos von Metapont, Ekphantos, Hiketas und Alkmaion von Kroton. - Die strengen Vorschriften des Pythagoreer-Bundes beruhen auf der Annahme, dass das Ziel des Menschen im Nachvollzug der göttlichen (Welt-)Ordnung bestehe, dass diese mathematische Natur sei und dass man sie nur erkennen könne, wenn die Seele zur Aufnahme der Weisheit (»sophia«) befähigt werde. Reinigung und asketische Übungen des Körpers stärken die durch die Bindung an diesen getrübte Erkenntnisfähigkeit der Seele. Aufgrund dieser Wechselwirkung zwischen Seele und Körper kann der »Philosophos« (»derjenige, der die Weisheit liebt«; von den Pythagoreer geprägter Begriff) sein Ziel durch Einhaltung von Verhaltensregeln, die gleichzeitig Grundlage des Zusammenlebens sind, erreichen. Die Seele ist unsterblich und gehört der Region des Göttlichen an; nach dem Tod des Menschen geht sie seinem sittlichen Wert entsprechend in ein anderes Wesen ein. - Aus der Gliederung in »Politiker«, die ein öffentliches Amt bekleideten und deshalb bestimmte Vorschriften des Bundes nicht einzuhalten brauchten, und »Theoretiker« ging vermutlich die spätere Einteilung und Spaltung in »Akusmatiker« (»Hörer« des engeren Kreises), die das Wissen ihres Meisters Pythagoras nur rein bewahren und tradieren wollten, und »Mathematiker« hervor, die unter Führung des Hippasos die Lehre weiterentwickelten. - Nur schwer lässt sich die Lehre der Pythagoreer einzelnen Personen mit Sicherheit zuordnen. Da das Wissen Grundlage des politischen Handelns war, wurde es geheim gehalten. Ihre (wahrscheinlich auf Pythagoras selbst zurückgehende) Lehre, dass Harmonien auf Zahlenverhältnissen beruhen, dass die Bewegungen der Gestirne sich in Zahlen ausdrücken und rechtwinklige Dreiecke sich mithilfe der Zahlen 3, 4 und 5 (als Seitenlängen) erzeugen lassen, führte zu der Annahme, dass das Wesen aller Dinge in der Zahl bestehe, und somit zu Spekulationen über die »Wesenszahl« der Lebewesen, andererseits auch zur Auseinandersetzung mit ernsthaften mathematischen und geometrischen Problemen (griechische Mathematik). - In der Kosmologie sind die Theorien, mit denen die Pythagoreer die Phänomene entgegen dem Augenschein deuteten und der Erde ihre Vorrangstellung in der Mitte der Welt nahmen, der Beginn einer revolutionären Entwicklung der Astronomie (griechische Astronomie). - In der Musiktheorie führte die Entdeckung einfacher Proportionen in den wichtigsten konsonanten Intervallen (Oktave 2 : 1, Quinte 3 : 2, Quarte 4 : 3) zur mathematischen Berechnung des Tonsystems (z. B. Ganzton 9 : 8, Terz 81 : 64, kleiner Halbton 256 : 243, großer Halbton 2 187 : 2 048). - Die Nachwirkung der Pythagoreer ist im Einzelnen nicht genau bestimmbar. Zahlreiche Pythagoreer standen in enger Verbindung mit den Philosophenschulen in Athen. Die ältere Akademie und der Mittelplatonismus (Platonismus) lehnten sich eng an die Pythagoreer an.
 
 
E. Frank: Plato u. die sogenannten P. (1923, Nachdr. 1962);
 W. Burkert: Weisheit u. Wiss. Studien zu Pythagoras. .. (1962);
 I. Lévy: Recherches esséniennes et pythagoriciennes (Genf 1965);
 J. A. Philip: Pythagoras and early Pythagoreism (Toronto 1966, Nachdr. ebd. 1968);
 R. Haase: Gesch. des harmonikalen Pythagoreismus (Wien 1969);
 B. L. van der Waerden: Die P. (Zürich 1979).

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Py|tha|go|re|er, der; -s, - (Philos.): Anhänger der Lehre des altgriechischen Philosophen Pythagoras (6./5. Jh. v. Chr.).

Universal-Lexikon. 2012.

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